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Der Mitteldeutsche Luftverkehr
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Der Mitteldeutsche Luftverkehr
Der Mitteldeutsche Luftverkehr
Weimar und Erfurt gleichberechtigt nebeneinander - Weimar Sitz der Mitteldeutschen Luftverkehrsgesellschaft
Thüringen, das Herz Deutschlands ist noch immer nicht an das Flugnetz angeschlossen. Es ist dies um so bedauerlicher, als das benachbarte Erfurt sich durch schnellen Ausbau eines Flughafens erster Ordnung den Anschluß an den Junkers-Luftverkehr, den größten der Welt, zu sichern wußte, trotzdem die Chancen für Weimar anfangs günstiger zu sein schienen. Es ist nun dringend an der Zeit, daß Thüringen endlich die Initiative ergreift; sonst wird es später an die Wand gedrückt. Einzelne thüringische Städte regen sich bereits, um von sich aus eine Verbindung mit den großen Linien herbeizuführen, so Eisenach, Gotha, Gera, Altenburg, Zella-Mehlis, Meinigen Sonneberg, usw. Interesse ist also vorhanden, und die Landeshauptstadt Weimar muß mit gutem Beispiel vorangehen. Die von Erfurt aus propagierte Zubringerlinie von Weimar nach Erfurt kommt aus gewissen Prestige- und politischen Gründen überhaupt nicht in Frage; vielmehr müssen Weimar und Erfurt vollkommen gleichberechtigt neben- und miteinander arbeiten, damit etwas ersprießliches dabei herauskommt.
Es ist nun die Gründung einer Mitteldeutschen Luftverkehrsgesellschaft geplant, die ihren Sitz in Weimar hat, womit auch die zuständigen Erfurter Stellen im Prinzip einverstanden sind. Der Vorsitz im Aufsichtsrat würde wohl Erfurt zugute kommen. Erfurt behält natürlich alle seine bisherigen Linien, und Weimar bekommt vorerst eine Linie Berlin-Halle-Weimar-Würzburg-Stuttgart-Zürich und eine Linie Hamburg-Bremen-Hannover-Weimar-München-Innsbruck-Venedig. Außerdem muß natürlich ein Pendelverkehr zwischen Erfurt und Weimar Zubringerdienste leisten.
Weimar und Erfurt sind also Hauptflughäfen. Ihnen sind zweckmäßig alle umliegenden interessierten Städte durch Verbindungs- und Zubringerlinien nahe zu bringen, und zwar etwa so, daß Erfurt alle Städte nördlich und westlich, also Mühlhausen , Eisenach, Gotha, Zella-Mehlis, Meinigen, Fulda, usw., Weimar die Städte südlich und östlich, also Koburg, Sonneberg, Gera, Jena, Plauen, i. B., Altenburg, Naumburg, Weißenfels usw. erhält. Das dürfte die beste und vor allem rentabelste Lösung sein, wie sie auch unsere Nachbarstaaten fanden.
Was nun die Flugplatzfrage in Weimar betrifft, so kommt unter allen Umständen nur der bei Nohra gelegene Flugplatz in Frage, der nach jeder Richtung hin auf- und ausbaufähig ist, der an einer der wichtigsten und modernsten mitteldeutschen Straßen liegt und auch Gleisanschluß hat. Der Erfurter Flugbahnhof ist ungefähr gleichweit von der eigentlichen Stadt entfernt, ist aber mit einer gut funktionierenden Autolinie mit der Stadt verbunden. Der Platz muss 1000 : 1000 m groß und vor allem eben und nach jeder Richtung hin frei sein. Das ist dann ein Flugplatz erster Ordnung, so wie ihn Weimar haben muß, um Bedeutung im Luftverkehr zu erlangen. Der Webichtflugplatz, der übrigens einer der ältesten deutschen Flughäfen ist und auf dem 1919 vier Hallen zerstört wurden, kommt wegen des benachbarten Waldes und des abschüssigen Geländes nicht in Frage. Das würde nur halbe Sache sein, die Weimar nur schaden würde.
Ein bekannter Friedrichrodaer Hotelier richtet nun noch einen Thüringer Bäderflugdienst mit dem Sitze in Weimar ein, also ein Beweis, daß ein Bedürfnis vorliegt, einen großen Flughafen zu schaffen, wie ihn nur das Nohraer Gelände mit allen Vorzügen bieten kann. Die Frequenz der deutschen Linien zeigt, wie sehr die Inanspruchnahme des Flugzeuges als schnellstes Beförderungsmittel zunimmt.
Die zu gründende Fluggesellschaft müßte unter finanzieller Hinzuziehung des Staates und der interessierten Städte erfolgen. In der ersten Zeit muß natürlich vom Staate bzw. den thüringischen Städten eine Garantie geboten werden, die vielleicht aber schon nach einigen Monaten außer Erscheinung treten kann. Die Sache wird sich bestimmt rentieren.
Die Luftfahrt gehört der Zukunft! Weimar muß jetzt zugreifen, damit nicht wieder von der "Stadt der verpaßten Gelegenheiten" die Rede ist. Es darf auf keinen Fall länger gezögert werden!

Paul Carl Doernfeldt
Quelle: Deutschland (historisch) vom 13.08.1925 | Autor/in: Paul Carl Doernfeldt550 Mal gelesen seit 19.11.2023